Samstag, 1. August 2015

A.V.E.H. Umurerwa

Hallo ihr!
Ich entschuldige die lange Funkstille hier, dafür hab ich diesmal was besonders schönes zu berichten!
Allgemein genieße ich das schöne Wetter der Trockenzeit und lasse es mir gut gehen. Ich freue mich auch sehr bald wieder in Deutschland zu sein aber dann und wann bedrückt mich auch, dass die Zeit gerade so schnell vergeht und der Abschied immer näher rückt, heute sind es noch 45 Tage bis ich am 16.9. dann wieder in Deutschland ankomme.

Dass die Zeit so rast und ich so wenig Zeit für den Blog finde liegt daran, dass ich momentan zwei Arbeitsstellen habe. Ich habe ja bereits erwähnt, dass es bei Arcos oft nicht so viel für mich zu tun gab. Darum habe ich mit meinem Betreuer Dominique ein zweites Projekt für mich gefunden.
Die Organisation heißt A.V.E.H. UMURERWA (Association des Voluntaires pour des Enfants avec Handicap) und es handelt sich um ein Heim für Kinder mit Behinderung. Das Center befindet sich bei Nyamata, das ist eine ländliche Kleinstadt 1 Fahrtstunde südlich von Kigali. Dort bin ich seit Anfang Juni an drei Tagen in der Woche um die Kinder zu betreuen, in den zwei Nächten schlafe ich dort.
In dem Heim leben 16 Kinder und Jugendliche im Alter von 5-23 Jahren. Über die Hälfte sind schwer behindert und auf den Rollstuhl angewiesen. Die Kinder können nicht sprechen aber einige verstehen einfache Dinge. Drei Betreuerinnen kümmern sich um das Wohlbefinden der Kinder. Das ist der typische Tagesablauf in Nyamata:

07 Uhr: Frühstück: Es wird Porridge (Haferbrei) gefrühstückt, 6 Kinder können selbstständig essen, der Rest wird von mir und den Betreuerinnen gefüttert.

09 Uhr: Lernzeit: Ich setze mich mit den Kindern an den Tisch und wir spielen einfache Spiele, z.B. Puzzles, Malen, Türmchen aus Holsklötzchen bauen. Daran können sechs Kinder teilnehmen, die aufnahmefähig sind. Der Rest sitzt in den Rollstühlen und schaut zu oder bekommt zwischendurch mal ein wenig Aufmerksamkeit. Außerdem singe ich auch für die Kinder oder eine Betreuerin lässt die neusten ruandischen Popsongs aus ihrem Handy plärren und es gibt kleine Tanzeinlagen. Es gibt einen Raum für Physiotherapie in dem manche Kinder vormittags behandelt werden (von einer netten Pysiotherapeutin, die aber leider eigentlich nur eine Informatikausbildung hat).

11-13 Uhr: Mittagessen: Alle gehen in das Esszimmer und es gibt entweder Kahunga (auch Poscho genannt, ein Kloß, der aus Maismehl und Wasser zubereitet wird) oder Reis mit einer Soße aus Bohnen und grünem Gemüse. Danach werden sämtliche Münder abgewischt und Stoffwindeln gewechselt (das machen die Betreuerinnen). Es folgt eine zweistündige Mittagsruhe für alle Kinder. Ich esse dann das selbe Essen mit den Betreuerinnen zu Mittag und es schmeckt auch immernoch sehr gut, trotz der Eintönigkeit (immer die selbe Soße, entweder Kahunga oder Reis). Dass es auf der Arbeit einen Mittagsschlaf gibt finde ich super, drum lasse ich mir diese Gelegenheit dann auch selten entgehen.

15 Uhr: Spielen mit den Kindern: Im Center gibt es einen großen Innenhof, in dem man z.B. schön Ballspielen kann. Außerdem habe ich mich darum gekümmert, dass die Hängematte repeariert und aufgehängt wird und schaukele die Kinder ein bisschen.

16 Uhr: Spatziergang:  6 Kinder, eine Betreuerin und ich machen uns auf einen kleinen Spatziergang. Gemächlich wird dann über die Feldwege gewatschelt und die Natur genossen. Manchmal gibts für die fleißigen Wanderer ein paar Kekse aus dem Kiosk um die Ecke.

17 Uhr: Abendessen: Diesmal im Aufenthaltsraum, gleiche Mahlzeit wie oben beschrieben. Gekocht wird von den Betreuerinnen über einer Feuerstelle in der Küche. Danach werden alle Kinder bettfertig gemacht und unter ihre Moskitosnetze gelegt.

19 Uhr: Feierabend: Ich esse noch mit den anderen zu Abend, danach gehts baldig ins Bett, denn am nächsten Morgen wird ja wieder zeitig aufgestanden. Zudem ist auf dem Land der Tag auch vorbei wenn die Sonne untergeht, man geht früh ins Bett und steht bei Sonnenaufgang auf.


Bei dieser Stelle gefällt es mir sehr gut, auch wenn ich manchmal viel Geduld aufbringen muss macht es Spaß sich auszudenken wie man die Kinder beschäftigen kann. Zudem genieße ich die Ruhe in Nyamata, das Center ist etwas außerhalb der Stadt. Leider ist jedoch die sprachliche Barriere sehr hoch, die Betreuerinnen mit denen ich am meisten zu tun habe sprechen nur Kinyarwanda und somit ist nicht viel Kommunikation möglich. Mit meinen rudimentären Französischkenntnissen kann ich mich ein wenig mit der Physiotherapeutin und der Leiterin unterhalten.



Von links: Irene (zieht gerade an meinem Zopf), Ich, Antoine, Sandrine, Betreuerin Theonestine und ihr Sohn Baraka, Mutoni.

Hier nochmal mit Esperance, sie hilft vorne in der Krankenstation mit. Baraka ist 1 Jahr alt und sehr süß, wenn die anderen Kinder grade nicht motiviert sind kann ich mit ihm ein bisschen Laufen lernen.

Mein Werk: die Hängematte im Aufenthaltsraum. Am kleinen Tisch kann gespielt werden, hinten unterm Moskitosnetz wird Mittagsschlaf gemacht. Links Mutoni, rechts Antoine.

Die Hängematte ist super um auch mal die Kinder, die nicht laufen können aus dem Rollstuhl zu holen. Hier wird Carine von Mutoni geschaukelt.


Sandrine genießt die Hängematte auch sehr. Sie ist ein fröhliches Mädchen mit der man viel machen kann aber leider ist sie auch tierisch anstrengend. Sie lässt keine Möglichkeit aus um Blödsinn anzustellen und stellt mich manchmal ganz schön auf die Probe. Ich bin aber auch froh sie da zu haben, denn ich lerne viel im Umgang mit ihr.
Außerdem gibt es eine lustige Anekdote: Sandrine musste im Krankenhaus ein Milchzahn gezogen werden, eine Betreuerin und ich sind mit ihr hingefahren (sie wurde mit einem Schal auf dem Fahrradtaxi festgeschnallt). Nach einiger Wartezeit war sie an der Reihe, die Betreuerin hielt den Kopf und ich musste die Hände festhalten während sie die Betäubungsspritze bekommen hat.
Unglücklicherweise hab ich hingeschaut und gesehen, wie der Arzt die Spritze direkt in den Gaumen gedrückt hat. Das war nicht sehr schön und ich wollte schnell auf Toilette gehen um mich von dem Anblick zu erholen. Der Artz hat mir den Weg gezeigt und ich hab gemerkt wir mir ziemlich unwohl geworden ist und mich an die Wand gelehnt.
Schließlich war das Ganze doch zu viel für mein zartes Gemüt und ich bin auf dem Boden wieder aufgewacht. Zum Glück war der Arzt zur Stelle und es gab keinen schlimmen Aufprall. Den Rest der Behandlung habe ich mir dann erspart und vor dem Zimmer gewartet. Man hat keinen Ton gehört und nach 3 Minuten ist Sandrine freudestrahlend mit ihrer Zahnlücke gerausgelaufen als wäre nichts gewesen, ich jedoch saß schwitzend auf der Bank und musste mir Luft zufächeln um mich von der unglaublichen Strapaze wieder zu erholen.


Panorama des Innenhofs: von links: Küche, Eingangstor, Krankenstation, mein Zimmer, Büro, Lagerraum, Raum für Physiotherapie, Schlafräume. Die Krankenstation wird von Cecile geleitet, die die Vorsitzende des Vereins ist und eine Ausbildung zur Krankenschwester hat. Tagsüber kommen dann einige Leute zu uns um sich von ihr behandeln zu lassen.

Nochmal von links: Raum für Pysiotherapie, Schlafräume, Durchgang hinters Haus wo Toiletten und Waschbereich sind, Aufenthaltsraum, Speisezimmer.

In Nyamata gibt es Fahrradtaxis! Manchmal werden die von ihren Inhabern fleißig beschmückt. Für eine Strecke von 1,5 km zahle ich 23ct. In Kigali wurden die Velotaxis leider verbannt.

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