Freitag, 15. Mai 2015

Kaffee


Hallo ihr!

Kürzlich war ich erneut mit meinem Arbeitskollegen unterwegs um Kaffeewaschanlagen zu besuchen. Nun hab ich das Wissen und die nötigen Bilder um euch zu zeigen wie Kaffee vor Ort produziert wird.

Nochmal zur Erinnerung wieso ich mit Kaffee zu tun habe: Es gibt eine amerikanische Umweltorganisation namens Conservation International welche (unter vielen anderen Projekten) finanzielle Mittel bereitstellt um Farmergenossenschaften bzw. Kaffeewaschanlagen zu ermöglichen ihr Produkt zertifizieren zu lassen (durch Aufforstung, Wasseraufbereitungsanlage, Überprüfung der Kontrolleure entstehen einige notwendige Kosten). Das Zertifikat heißt Rainforest Alliance Certificate und garantiert, dass ein Produkt nachhaltig und umweltfreundlich hergestellt wurde. Da diese Organisation aus den USA kommt brauchen sie einen lokalen Partner der ihnen dabei hilft. Das übernimmt mein Arbeitskollege und ich im Namen von ARCOS. Wenn die Kaffeewaschanlage genug Geld zur Verfügung hat kann sie sich natürlich auch ohne die Hilfe von Conservation International zertifizieren lassen.
Durch die Zertifizierung kann Kaffee zu einem höheren Preis verkauft werden, was sich natürlich positiv auf den Lebensstandard der Arbeiter auswirkt.

Die notwendigen Kriterien für die Zertifizierung sind:
- Shade-grown coffee: auf den Kaffeeplantagen herrschen heutzutage meist Monokulturen, für die Artenvielfalt und einen gesunden Boden ist es wichtig andere Bäume zwischen die Pflanzen zu setzen, das verringert auch die Gefahr von Bodenerosion und führt durch den Halbschatten zu einer hoheren Qualität
- Abfallwirtschaft: durch das Fruchtfleisch, in dem sich die Kaffeebohnen befinden, entsteht viel organischer Müll, den man kompostieren oder als biologischen Dünger verwenden sollte
- Gewässerschutz: durch die Gärung der Kaffeebohnen entsteht saures Abwasser, welches nicht ohne vorherige Aufbereitung in Flüsse geleitet werden kann
- faire Arbeitsbedingungen, Arbeitsschutz
- Wiederaufforstung, Schutz von Tier- und Pflanzenarten, Bodenschutz z.B. durch Anpflanzen von Gräsern an den Terassen gegen Bodenerosion und das Vermeiden von Chemikalien bzw. Kunstdünger


Kurzes Kaffee ABC


Kaffeewaschanlage in Nyamasheke. Auf den Tischen werden die Kaffeebohnen getrocknet, in dem Haus werden sie gelagert und oben befinden sich die Becken zur Gärung und Sortierung.

Kaffeepflanze während der Erntezeit. Die Kaffekirschen werden einzeln per Hand gepflückt, sie sind reif wenn sie rot sind.

Auf der Kaffeeplantage. Neben den Kaffeepflanzen wurden hier Gräser gegen Bodenerosion gepflanzt, außerdem kann man Bäume sehen die über die Kaffepflanzen hinausragen um ihnen Schatten zu spenden.
Die Qualitätsmanagerin zeigt mir die Ernte.

Die geernteten, reifen Kaffeekirschen vor der Weiterverarbeitung.

Schlechte Kirschen werden aussortiert. Der Manager der Kaffeewaschanlage im grauen Jackett, links daneben Jean-Marie, dessen Aufgabe es ist die Kaffeebauern zu trainieren wie sie nachhaltig landwirtschaften können.
Die Kaffeekirschen können nass oder trocken aufbereitet werden. Hier handelt es sich um eine Nassaufbereitung, durch die eine höhere Qualität erzielt wird.
Zunächst werden die Kirschen gewaschen, danach kommen sie in diesen "Entpulper", die Maschine macht die Kirsche zur Bohne indem sie die Pulpe (das Fruchtfleisch) abquetscht. In dem kleinen grünen Becken werden die Bohnen dann vorsortiert: Bohnen mit geringerer Qualität schwimmen oben, hochqualitative Bohnen sinken zu Boden.

Nach dem Entpulper (rechts) gelangen die Bohnen dann in eines der Fermentationsbecken.

In diesem Becken gähren die Bohnen dann ca. 24 Stunden lang. Außerdem löst sich das Pergamenthäutchen und der daran haftende Schleim von der Bohne. Bei diesem Prozess wird das Wasser verschmutzt und ist mit einem pH-Wert von ca. 4 stark sauer.

Nach der Gährung werden die Bohnen nochmal durch diese Kanäle geleitet (manchmal auch schon vor der Gährung zum Trennen von restlichem Fruchtfleisch). Dort wird der verflüssigte Schleim abgewaschen und erneut nach Qualität sortiert. Der Wasserverbrauch bei dieser Methode ist sehr hoch, für 1 kg fertig gerösteten Kaffee werden zum waschen 130-150 Liter Wasser benötigt. (Übrigens: der Bedarf an virtuellem Wasser liegt für 1 kg Kaffe bei 21.000 Liter, hier werden mehr Faktoren eingerechnet wie z.B. Pflanzenbewässerung)

Die gewaschenen Kaffeebohnen vor dem Trocknen. Die Arbeiter sortieren per Hand unreife Bohnen und Reste der Schale aus.
Die gewaschenen und sortierten Kaffeebohnen sind zum Trocknen ausgebreitet. Allerdings sollen sie nicht ausgetrocknet werden, ein Feuchtigkeitsgehalt von ca. 12% muss bleiben. Bevor man hier die Bohnen anlangt muss man sich die Hände waschen (bin ich natürlich ins Fettnäpfchen getreten weil ich die Finger nicht davon lassen konnte).

In diese üble Pfütze wird das durch die Gährung saure Abwasser geleitet und es sickert ins Grundwasser. Hier ist noch keine ausreichende Wasseraufbereitung vorhanden.

Ordentliche Wasseraufbereitungsanlage an einer anderen Kaffeewaschanlage. Ist eigentlich keine Anlage sondern 3 große auszementierte Löcher im Boden unter den runden Deckeln. Die Löcher sind 8 Meter tief und mit Sand und anderen Materialien gefüllt. Während das Wasser nach unten sickert wird es dadurch filtriert und der Säuregehalt wird reduziert. Wenn es dann in den Grundwasserkreislauf eintritt ist es nicht mehr umweltschädlich.



Fertig getrocknete und verpackte grüne Kaffeebohnen, diese können nun an Händler weiterverkauft werden. Die Röstung, Mahlung und Verpackung erfolgt entweder bei einheimischen Händlern in Kigali oder die Bohnen werden im grünen Zustand exportiert und im Ausland weiterverarbeitet.

Drumherum


Als wir einmal mit unserem Partner aus den USA eine Kaffeewaschanlage besucht haben wurden wir ganz herzlich von einer Tanzgruppe empfangen. Bei besonderen Anlässen werden oft Tänzer engagiert, die dann eine Vorstellung in der traditionellen Tanzart geben. Mir gefällt der Tanz total gut, weniger gut gefällt wenn sie das Publikum zum Tanzen auffordern. Die Muzungus werden natürlich als erste herbeigezerrt und dann wirds peinlich für mich!
(Ich glaube ein verbreitetes Vorurteil ist immernoch, dass in Afrika viel getrommelt und getanzt wird, das kann ich so nicht ganz bestätigen. Wie gesagt nur zu besonderen Anlässen. Außerdem wird der traditionelle Tanz ansonsten weitgehend vom üblichen Diskorumgehüpfe ersetzt.)


Ruandische Hügel I


Ruandische Hügel II


Die Schweinefamilie lässt es sich gut gehen. Meistens sieht man Ziegen oder Kühe, vereinzelt aber auch mal ein paar Schweine.


Ein Aufruf zum Schluss:

Ich habe mich natürlich auch schlau gemacht, wie viel man so als Kaffeebauer pro Tag verdient.
Wer Kaffee an die Waschanlage liefert bekommt pro Kilogramm Kirschen 20 Ruanda-Francs, am Tag kann ein Arbeiter 30-50 kg Kirschen pflücken also ergibt sich ein Tagesverdienst von 600-1000 Ruanda-Francs, das entspricht 0,76 - 1,30 €. Den Arbeitern, die an der Waschanlage die Kirschen oder Bohnen sortieren, wird pro Tag 800-1000 Ruanda-Francs ausgezahlt. Vielleicht sind Mutter und Vater einer Familie berufstätig und von diesen max. 2,60 € am Tag müssen sie ihre Familie versorgen. Dass das nicht sehr viel ist muss ich euch ja nicht sagen.
Wenn der Kaffee von Fairtrade oder Rainforest Alliance zertifiziert ist werden die Bauern zwar auch nicht reich aber sie bekommen vielleicht 30 ct mehr pro Tag was schon ein guter Anfang ist!
(Die genauere Zahl werde ich bei Gelegenheit noch erfragen. Außerdem denkt ihr nun wahrscheinlich dass das ja nicht viel Geld ist aber durch die Zertifizierung werden ja auch andere Vorteile sichergestellt wie soziale Projekte (Schulen, Krankenhäuser) oder der Umweltschutz durch den bessere Erträge in der Landwirtschaft erzielt werden)

"Also den Kaffe vom Eine-Welt-Laden kann ich mir nicht leisten!"

Das glaub ich keinem von euch, der einen Job hat und nicht gerade andere starke finanzielle Nachteile ausgleichen muss (z.B. Alleinerziehende).
Ich habe dass Gefühl, dass wir im Zeitalter der Discounter total vergessen haben was Waren eigentlich kosten. Viele unserer "normalen" Preise kommen nur durch die Ausbeutung der Arbeiter und der Natur zustande. Die fair gehandelten Waren sind also nicht teurer, sondern kosten das, was jenes Produkt kosten würde, wenn es in der Welt gerechter wäre.
Für mich ist es ein Widerspruch, wenn man einerseits recht mitleidig beklagt wie schlecht es den Menschen in Entwicklungsländern geht aber andererseits zu geizig ist 2-3 € mehr für das Päckchen Kaffee auszugeben.

Beitrag vom ZDF über diese Thematik in Bezug auf Flüchtlinge
(zwar ist der Flüchtlingsstrom nicht alleinig durch Fairtraide zu bewältigen aber es ist ein guter Anfang Menschen in Entwicklungsländern eine bessere Lebensgrundlage zu ermöglichen)

Ich will nicht behaupten, dass mein Konsumverhalten astrein ist, sowas ist ja auch fast unmöglich, aber ich finde wir sollten aufhören die Schuld nur in die Schuhe anderer zu schieben, sondern bei uns selbst anfangen und überlegen was wir im Alltag besser machen können.
Oft denkt der Otto Normalverbraucher er hat keine Macht aber das finde ich ganz und gar nicht, durch unser Konsumverhalten können wir sehr wohl etwas verändern!

Drum bitte ich euch hiermit das Gesagte mal durch euren Kopf gehen zu lassen. Außerdem könnt ihr mich gerne kontaktieren, nur her mit euren Fragen oder eurer Kritik!

Murakoze!
(Danke)

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