Hallo liebe Leser!
Wie bereits angekündigt gibts hier meinen ersten Zwischenbericht. Der Bericht wurde an meine Betreuer aus Deutschland und evtl. an das BMZ gesendet und ist Teil des weltwärts-Programms. Insgesamt werde ich vier Berichte erstellen. Mit über drei Seiten bin ich ein wenig übers Ziel hinausgeschossen, hatte aber dennoch das Bedürfniss verschiedenes zu sagen.
Wie bereits angekündigt gibts hier meinen ersten Zwischenbericht. Der Bericht wurde an meine Betreuer aus Deutschland und evtl. an das BMZ gesendet und ist Teil des weltwärts-Programms. Insgesamt werde ich vier Berichte erstellen. Mit über drei Seiten bin ich ein wenig übers Ziel hinausgeschossen, hatte aber dennoch das Bedürfniss verschiedenes zu sagen.
Ich denke hier wird vor allem klar wie ich mich in der Anfangszeit gefühlt habe. Ich hoffe ich habe mich nicht zu drastisch ausgedrückt, lasst euch gesagt sein, dass ich es nie bereut habe hierher gekommen zu sein! Der Anfang war einfach nur ein bisschen anstrengend, aber das hat weniger etwas mit Afrika zu tun sondern vielmehr mit der allgemeinen Situation. Wer von euch ist denn nicht gestresst, wenn er in eine fremde Stadt zieht obwohl er noch nicht mal eine eigene Wohnung hat und sich in eine neue Arbeitsstelle einarbeiten muss?
Nundenn viel Spaß beim Lesen wer Lust drauf hat, ich bin auch keinem Böse, dem der lange Text zu öde ist!
1. Bericht Weltwärts-Freiwilligendienst
Christina Lebert, Kigali, Ruanda
Christina Lebert, Kigali, Ruanda
Am
20. November 2014 bin ich für meinen zehnmonatigen weltwärts-Freiwilligendienst
in Kigali, Ruanda angekommen. Da es dann endlich losgegangen ist, ist mir ein
kleiner Stein vom Herzen gefallen, die Vorbereitungszeit war oft anstrengend
und (vor allem auch der Abschied) emotional. Jedoch bin ich auch sehr froh über
diese Zeit mit den vielen bestärkenden und wertschätzenden Worten, die mir mit
auf den Weg gegeben wurden, was ich in diesem Maß nicht erwartet hatte. Mittlerweile
ist es Februar und ich bin seit über zwei Monaten hier. Mit mir reist Matthias,
ein anderer Freiwilliger, der mit mir wohnt und arbeitet.
Da
ich zuerst noch keine eigene Wohnung in Kigali hatte, waren Mattias und ich bei
zwei anderen Freiwilligen untergebracht. Zunächst war ich erstaunt, dass die
Verhältnisse der Wohnungen der Freiwilligen doch so spartanisch waren. Für die
sanitären Einrichtungen, die von den anderen beiden Freiwilligen nicht
besonders sauber gehalten wurden, musste man am streunenden Hund vorbei in den
Hinterhof laufen. In der Wohnung gab es nicht einmal ein Waschbecken, lediglich
eine Regenwassertonne auf der Terrasse. Beim Zähneputzen hat man über den Zaun
gespuckt. Ich habe auf einer Matratze auf dem Boden geschlafen, die schon nach
einer Nacht so durchgelegen war, dass sie - wenn überhaupt - die Dicke einer
Isomatte hatte. Jede Nacht hoffte ich, dass es keine Kakerlake schafft unter
meinem Moskitonetz durch zu krabbeln und in mein Bett zu kommen. Die Koffer
waren stets gepackt, schließlich sollte ja bald unser Umzug stattfinden.
Am
ersten Tag haben sich die anderen Freiwilligen um mich gekümmert, abends gab es
dann ein kleines Willkommensessen mit allen Solivols (Freiwillige der Organisation
artefact) in Kigali und Dominique. Am zweiten Tag sind wir mit Dominique zu
unserer Arbeitsstelle gefahren. Alle Kollegen haben sich und ihren
Aufgabenbereich vorgestellt und ich wurde sehr nett empfangen. Am dritten Tag
ging es mit Dominique ins Genozide Memorial Center in Kigali. Dabei war es sehr
von Vorteil, einen Einheimischen dabei zu haben, der mehr als die offizielle
Version erzählen kann. Am vierten Tag gab es vormittags unser „on
arrival“-Seminar. Dominique hat uns in seinem Büro kurz einige wissenswerte
Fakten über die hiesige Kultur und Verhaltensweisen gegeben. Außerdem gab es
einen ersten, kurzen Sprachkurs.
Schließlich
war es Montag und unsere Arbeit hat begonnen. Diese Woche fand in Burundi ein
Workshop unserer Organisation statt, zu dem auch wir Freiwilligen mitkommen
durften. Es war sehr schön mit einigen der Kollegen unterwegs zu sein und sich
so in einer lockeren Atmosphäre kennenzulernen. Jedoch war der eigentliche
Workshop weniger zufriedenstellend, da alle Vorträge in Französisch gehalten
wurden, so dass man eigentlich nichts verstanden hat. Burundi ist sehr arm und
die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts haben mich zuvor doch recht
ängstlich gemacht. Im Hotel fühlte man sich allerdings sicher, es war sehr
luxuriös und das krasse Gegenteil der simplen Wohnungen der Freiwilligen, in
denen wir zuvor gewohnt haben. Auch hat es mich sehr erstaunt wie viel Geld
unsere Organisation offenbar ausgeben kann und dies wurde auch von einem
schlechten Gewissen begleitet, da man sich ja in einem Entwicklungsland
befindet, gekommen ist um zu Helfen und dann aber im größten Luxus schwelgen
muss.
Nach dieser
Woche in Burundi hoffte ich am Wochenende endlich unsere eigene Wohnung suchen
und beziehen zu können. Dann jedoch die große Enttäuschung, dass Dominique am
Wochenende keine Zeit hat uns zu helfen, da er ein anderes Treffen von
weltwärts‑Koordinatoren vorbereiten muss. Somit musste ich ein weiteres
Wochenende in der Situation zwischen den Stühlen verharren. Dies wurde von uns
beiden als sehr unangenehm empfunden. Die Koffer waren stets gepackt, man hat
sich in der Wohnung der anderen Freiwilligen nicht heimisch gefühlt und man
konnte einfach nicht richtig ankommen.
In der darauffolgenden Woche wurden wir im Büro eingearbeitet, man hat sich
viele Dokumente durchgelesen und das Arbeitsfeld der Organisation besser
verstanden. Außerdem hat unser Kollege Faustin sich uns angenommen und ist mit
uns auf Wohnungssuche gegangen. An zwei Nachmittagen sind wir umhergezogen und
haben uns Häuser angeschaut. Leider hatten wir dabei wenig Hilfe von Dominique,
was jedoch von Vorteil gewesen wäre, später haben wir z.B. für einige
Einrichtungsgegenstände sicherlich zu viel gezahlt, da uns die Preise und das
Handeln noch nicht geläufig waren.
Insgesamt
kann ich sagen, dass diese Zeit ziemlich anstrengend für mich war. Ich wollte
unbedingt aus dem Zimmer des anderen Freiwilligen raus und endlich ankommen,
jedoch war es sehr schwer eine geeignete Wohnung zu finden (Schimmel, Durchgangszimmer,
zu teuer usw.). Außerdem war es sehr anstrengend dabei zu stehen und zu hören
wie unser Kollege sich mit den Vermietern über die Wohnung unterhält und man
überhaupt nichts versteht, obwohl es ja für mich am wichtigsten wäre was es
über die Wohnung zu sagen gibt. Immer wurde viel diskutiert, ich weiß gar nicht
über was, sei es der Preis für die Motorrad-Taxi-Fahrer oder Preis mit dem
Vermieter oder sonstiges. Noch heute bin ich oft genervt von diesen häufigen
„Diskussionen“ und muss mir vor Augen halten, dass ich mich in einer anderen
Kultur mit einem anderen Kommunikationsverhalten, dass man nicht gewohnt ist,
befinde.
Als
wir eine geeignete Wohnung gefunden haben, sagten wir nach kurzer Überlegung
(ca. 15 Minuten) dem Vermieter Bescheid, dass wir bereit sind einzuziehen. Doch
innerhalb dieser kurzen Zeit wurde die Wohnung scheinbar anderweitig vergeben
(was sich später als Lüge des Vermieters herausgestellt hat und er nur mehr
Geld von den Muzungus wollte). Schließlich hatte ich alles satt und wir sind dann
in ein überteuertes Haus ohne Fenster in einem zubetonierten Grundstück gezogen
(plötzlich wurde die Wohnung nochmal 25 € teurer, Muzungu-Preis? –
Wahrscheinlich). Damit war ich anfangs recht unzufrieden, denn man hat sonst fast
überall in Kigali ein bisschen grün und einen tollen Blick auf den nächsten
Hügel. Allerdings ist die Wohnung recht neu, gut gefliest und der Vermieter
kann ein bisschen Englisch. Mittlerweile habe ich mich hiermit abgefunden und
eingelebt, hoffe jedoch, dass der Vermieter noch ein Fenster oder zumindest
eine transparente Dachplatte einbauen kann. Die wichtigsten Möbel hat auch
wieder Faustin mit uns besorgt, auch hier wieder viele Diskussionen/Gespräche,
ich stand daneben und habe nicht mitbekommen um was es ging. So langsam hat man
auch ein schlechtes Gewissen bekommen, da er in dieser Woche eigentlich wegen
Rückenschmerzen Urlaub hatte. Schließlich konnten wir nach zwei Wochen, die uns
sehr lange vorgekommen sind, in unsere Wohnung ziehen, sie einrichten und
anfangen uns in der Umgebung zurechtzufinden.
Auch
wenn ich den Begriff „Kulturschock“ aufgrund der großen Dramatik und Mystik,
die er impliziert, ungerne verwende, glaube ich, dass er in gewissem Maße auf meine
anfängliche Zeit zutrifft. Oft war man genervt und erschöpft von manchen
Verhaltensweisen und Situationen. Mittlerweile hat man sich schon an vieles
gewöhnt und man nimmt die Dinge lockerer, auch wenn man mit einigen
Verhaltensweisen immer noch zu hadern hat, z.B. dass wenig geplant wird, vieles
ist spontan und dadurch oft chaotisch und nicht so optimiert wie man es als
Deutscher gerne hätte.
Im
Büro fühle ich mich wohl, die Arbeitskollegen sind sehr nett und man hat sich
auch außerhalb der Arbeit schon getroffen. ARCOS ist verglichen mit anderen
lokalen NGOs wohlhabend, organisiert und groß. Als Hauptaufgabe wird die
Vernetzung von Umweltorganisationen angesehen. Dies geschieht durch ein
Membership-Programm, die Homepage als Informationsquelle, Workshops und vier
verschiedene Newsletter. Oft hinterfrage ich jedoch die Sinnhaftigkeit dieser
Aufgaben, da der Umwelt und den Menschen an sich dadurch nicht viel geholfen
wird und es ist fraglich wie sehr andere Organisationen überhaupt z.B. von
unseren Newslettern profitieren. Als Freiwilliger hat man anfangs noch die
enthusiastische, ideologische Erwartung armen Menschen aus erster Hand helfen
zu können. Auch wenn mir der Büroarbeit von Anfang an bewusst war, ist es
schade nur dem eigenen Laptop und nicht Einheimischen gegenüber zu sitzen oder
handfeste Umweltprojekte selbst durchzuführen. Jedoch arbeite ich daran, mein
eigenes Aufgabenfeld zu formen, so möchte ich ein Projekt zur Umweltbildung an
Schulen in die Wege leiten, außerdem arbeite ich gezielt mit einem Kollegen
zusammen, der landwirtschaftlichen Genossenschaften hilft, eine
Nachhaltigkeitszertifizierung für ihre Produkte zu erlangen.
Auch
wenn ich somit mit meiner Arbeit zu hadern habe bin ich froh in Kigali zu sein,
denn die Stadt hat viele Vorteile, z.B. muss man freizeitlich und kulinarisch
nichts missen, es ist sauber und viele sprechen Englisch. Leider geht die
afrikanische Kultur dabei etwas verloren.
Noch
ist es etwas schwierig feste Freundschaften zu bilden. Die anderen Freiwilligen
sind meist 4 Jahre jünger und haben somit andere Interessen. Ruandische Mädchen
sind – wie ich zugegebenermaßen leider auch – eher schüchtern und Jungs zielen
meist auf etwas anderes als Freundschaft ab. Jedoch bin ich zuversichtlich was
die zukünftige Entwicklung angeht und denke, dass es einfach ein wenig Zeit
braucht in einer fremden Stadt enge Freundschaften zu schließen.
Oft
ist auch die Sonderrolle als Europäer schwierig. Man möchte gleichberechtigt
dazugehören und bleibt doch immer anders als die anderen. Nicht nur die weiße
Hautfarbe, sondern auch die Rolle als Frau ist manchmal schwierig, viele Männer
erhoffen sich eine Beziehung und man hat das Gefühl, dass Frauen hier oft noch
unselbstständiger und verletzlicher angesehen werden. Dies ist sehr schade, vor
allem da einige Frauen dieses Bild auch durch ihr zurückhaltendes Verhalten
verstärken.
Zudem
macht man sich viele Gedanken über den Sinn von Entwicklungsarbeit, Rassismus
und Vorurteile/Verallgemeinerungen. So ist es für mich oft anstrengend etwas in
meinen Blog zu posten, denn vor meiner Abreise und durch den jetzigen Kontakt
mit Familie und Freunden merke ich allzu sehr, wie verzerrt und primitiv unsere
Vorstellungen über die afrikanische Lebensweise sind. Man nimmt automatisch die
Rolle eines „Pädagogen“ ein und versucht diese so gut wie möglich zu meistern,
was nicht immer einfach ist.
Auch
der Umgang mit der Armut ist nicht immer leicht, es würde mir nicht weh tun manchen
Menschen etwas zu geben, allerdings sollte man das Betteln und das Bild vom
reichen Europäer nicht unterstützen. Wahrscheinlich gibt es für diese
Problematik keine Patentlösung.
Die
Zeit vergeht hier sehr schnell, unter der Woche bleibt bei neun Stunden Arbeit
wenig Zeit für sonstige Aktivitäten und am Wochenende muss z.B. Wäsche per Hand
gewaschen werden, der Haushalt erledigt werden oder der Kontakt zum deutschen
Umfeld gepflegt werden. Der Alltag ist im Allgemeinen aufwendiger, zum Beispiel
weil es wie tagsüber fast immer kein fließendes Wasser gibt.
Über Weihnachten habe ich die
Freiwilligen meiner Ausreisegruppe in Uganda besucht, wir hatten viel Spaß und
so war auch wenig Zeit für Heimweh.
Nun habe ich die anfängliche,
teils turbulente Zeit hinter mir und finde mehr und mehr meinen Platz in der
Arbeit und Freizeit. Immer wieder kann man bereichernde Begegnungen haben und
ich bin gespannt auf die kommenden acht Monate.
Das war mein Bericht, hoffe den tapferen Lesern hats gefallen und noch ein paar neue Informationen gebracht.
Ich zisch dann mal ab!
Adiö
Ich zisch dann mal ab!
Adiö
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